Warum ist es so schwierig, im Unternehmen einen einheitlichen, stimmigen Briefstil zu etablieren?
Unternehmen kommunizieren auf unterschiedlichen Kanälen mit ihren Kunden. Vieles läuft bestens: Der persönliche oder telefonische Kontakt mit Kunden und Geschäftspartnern – kundenorientiert und freundlich-souverän. Werbung und PR in Print- und Online-Medien – stimmig und verständlich. Woran liegt es dann, dass sich viele Unternehmen ausgerechnet dann so schwertun, wenn es um das Formulieren ansprechender Briefe und E-Mails geht? Warum sind viele Anschreiben – Werbe-Mailings und Briefe mit positiven Nachrichten ausgenommen – so distanziert, unfreundlich und schwer verständlich? Warum passen sie so gar nicht zum Unternehmen und der Art, wie es sich in der Öffentlichkeit präsentieren will?
Stolperfalle Nr. 1: Fehlende Standards
Heute besitzt jedes Unternehmen eine Corporate Identity mit exakten Vorgaben für das Corporate Design. Erst allmählich setzt sich durch, dass auch Vorgaben für Corporate Writing sinnvoll sind. Schreiben ist nicht schwierig, man muss nur wissen wie.
Stolperfalle Nr. 2: Keiner ist zuständig
Jede Zeitungsredaktion besitzt ihren Text-Chef, der dafür sorgt, dass die Beiträge aus den verschiedenen Ressorts sprachlich aus einem Guss sind. In vielen Unternehmen fehlt eben diese Person. Deshalb versenden unterschiedliche Abteilungen Anschreiben, die sprachlich sehr voneinander abweichen können. Der Haken: Ein- und derselbe Versicherte erhält oft Post von verschiedenen Schreibern. Kommt nach einem herzlichen Begrüßungsschreiben irgendwann eine standardisiert und hölzern wirkende Nachricht, ist die Enttäuschung umso größer.
Stolperfalle Nr. 3: Vorgesetzte der alten Schule
Vorgesetzte können, besonders wenn sie der alten Schule angehören, auch den besten Briefeschreibern das Leben schwermachen. Viele Sachbearbeiter haben schon einmal ein Korrespondenz-Seminar besucht – und scheitern nicht selten, wenn sie versuchen, ihr Wissen praktisch anzuwenden. Mit dem Argument „Das ist doch kein gutes Schriftdeutsch!“ oder schlichtweg „Das geht so nicht!“ werden gute Texte oft verschlimmbessert und engagierte Mitarbeiter demotiviert. Faustregel: Man sollte so schreiben, wie man im gleichen Kontext auch sprechen würde.
Stolperfalle Nr. 4: Mangelnde Empfängerorientierung
„Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.“ Diese Journalistenregel gilt auch für die Briefkommunikation. Der Adressat will auf Anhieb erkennen, worum es geht und warum diese Information für ihn wichtig ist. Eben das leisten viele Briefe nicht. Die Argumentation ist umständlich, das Wichtigste steht am Schluss statt am Anfang. Hinzu kommen nicht selten juristische Verweise, hinter denen sich der Absender wie hinter einer Mauer verbirgt. Juristische Informationen dürfen zwar nicht außen vor bleiben, aber es gibt immer Möglichkeiten, sie lesefreundlich zu transportieren.
Stolperfalle Nr. 5: Briefkommunikation wird nicht zur Chefsache gemacht
Ein großer Fehler. Denn nur wenn die Relevanz und die Chancen dieses Themas von ganz oben erkannt und befürwortet werden, kann es sich im Unternehmen durchsetzen. Ansonsten werden Stolperfallen 1 bis 4 dem Kommunikationserfolg weiter im Wege stehen.
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